Die Geschichte der "Musette"

 

Unmöglich vom Akkordeon in Frankreich zu sprechen ohne diesen Genre zu erwähnen welches soviel für dessen Ruhm als auch für dessen schlechten Ruf machte: die 'MUSETTE'. Von den einen vergöttert, von den anderen verachtet, und dennoch gilt es bei den Fremden als Synonym von Paris, kurz des "French way of life".

Pierre Monichon berichtet davon recht gut in seinem Werk "L’Accordéon" :

"In der Welt des Akkordeons ruft das 'Musette' unvermeidlich die Idee des Tanzes auf und veranlasst die Vorstellung zu den volkstümlichen Tanzlokalen (guinguettes), den Ballsälen wo Paare zu den Klängen eines kleinen Orchesters tanzen. In der heutigen Zeit erinnert dieser Ausdruck auch an ein Stück der Belle Epoque (der schönen Epoche), seiner Sorglosigkeit, seines Ausdrucks von Freiheit …

Im übrigen kann es durchaus sein dass die 'Musette' den Ausdruck einer gewissen Freiheit für eine ganze bürgerliche Kundschaft darstellte, die sich in den Hinterhof einer Wirtschaft begaben um die eingeschränkte Lebensart zu vergessen wo die Vernunft sich gegenüber dem Herzen durchsetzte."

Die "Musette" und seine Herkunft

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Das  französische Wort musette findet seine Herkunft in der Bezeichnung eines Instrumentes wieder welches die traditionelle französische Musik personifizierte. Sein Erfolg war ein solcher dass ein volkstümlicher Tanz am Hof von König Ludwig XIV und Ludwig XV nach ihm benannt wurde. Kusine des Dudelsackes, setzt es sich aus einem durchbohrten, mit mehreren Löchern versehenen und austauschbaren Rohr zusammen so wie aus einem Sack welches man mit Luft füllt und welches mit dem linken Arm betätigt wird.

Die Geburt des "Bal Musette"

Dieser Ausdruck wies anfangs auf jeden Tanzball hin auf dem ein Orchester war, bestehend aus mindestens einem Musettespieler welches das Thema spielte.

Auch wenn die ersten öffentlichen Bälle in Paris von Anfang des 18. Jahrhunderts her datieren, musste man bis zum 19. Jahrhundert warten um sie bei ihrer Entfaltung zu beobachten, in den Vorstädten sowie in dessen Außenbezirken (Belleville, Montmartre, Ménilmontant, …).

Die Ankunft in Paris von zahlreichen Einwohnern aus der Region der Auvergne trugen stark zu dieser Entwicklung bei: im Übrigen stammen in dieser Zeit zahlreiche Tanzball-Musiker aus der Mitte Frankreichs. Aber die Dinge begannen sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit der starken Immigration der Italiener zu verschlechtern. Die italienischen Einwanderer, deren Liebe zur Musik bekannt ist, gründeten rasch ihre eigenen Bälle, auf denen an Stelle der 'Musette' das Akkordeon das Orchester anführte, was vielen aus der Auvergne stammenden Leuten missfiel ! Die Letztgenannten schätzten es wenig das der Ausdruck "Bal Musette" so derartig entwürdigt wurde. Dieser Konflikt wurde oft mit Faustschlägen und Messerstechereien beglichen.

Schlussendlich kam die 'Musette' nach und nach aus der Mode, und das Akkordeon übernahm dessen Platz.

Unter den Pionieren befanden sich: Charles Peguri (1879-1930), Emile Vacher (1883-1969) und Martin Cayla (1889-1951).

Die Entwicklung der "Musette"

Auch wenn diese Tanzbälle währen den "Verrückten Jahren" (1900-1914) einen enormen Erfolg hatten, musste man bis Ende des Ersten Weltkriegs warten um die Gestaltannahme des Musikgenre 'Musette' so wie wir es heute kennen bemerken zu können..

ancien accordeon maugeinNeue Tanzstile erschienen : der Musettewalzer (valse musette), die Java, der Paso-Doblé, der Foxtrott, …

Die traditionellen Instrumente verschwanden endgültig, die bourrées und andere volkstümliche Tänze gehören schon einem anderen Zeitalter an, begraben unter den kennzeichneten Rhythmen des Schlagzeuges, welches unumgänglich wurde. Die "Musette" vermischte sich auch mit der Zigeunermusik : Die Gitarren fingen an, das Akkordeon zu begleiten.

Die Akkordeonspieler werden zu Virtuosen : die Bekanntesten sind Joseph Colombo, Albert Carrara (1903-1968), Guérino (Zigeuner der sich von Django Reinhard selbst begleiten lies!), Adolphe Deprince, Michel Peguri, Vincent Marceau … In den 30er Jahren begannen einige der ersten "Monster" der Knopf-Tasten ihre eigenen Bälle zu geben : Gus Viseur (sein vollständiger Name lautet Gustave Viseur, 1915-1977), Tony Murena (alias Antonio Murena, in Italien geboren, 1916-1977), welche alle beide einen Hauch an Swing in ihre Interpretationen brachten (später machten sie auch im Jazz Karriere) und Médard Ferrero, hervorragender Musiker sowie auch großer Pedagoge.

Nach 1945, unter dem Einfluss der amerikanischen Kultur, erschienen neue Instrumente auf der Tanz-Szene : das Banjo, das Piano, der Kontrabass, … Der Walzer ist das Wahrzeichen des Musikgenre 'Musette'. Dieser wird zur französischen Volksmusik schlechthin, Sinnbild der neuen Lebensfreude der befreiten Franzosen.

In dieser Periode wurden die bekanntesten Akkordeonspieler zu Prinzen, Königen, Stars des Akkordeons. Sie hießen André Verchuren, Aimable, Yvette Horner, Louis Corchia, Maurice Larcange, Bruno Lorenzoni … Für einige verschwand die Musik hinter den einfältigen Gesichtern und Grimassen. Jo Privat mied den einfachen Ruhm um sein Empfindungsvermögen in der musette manouche, der Zigeuner-Musette, auszudrücken, welcher sicher nicht von Django Reinhard abtrünnig wurde. Andere versuchten, das Akkordeon mit den Musikern der Klassischen Musik zu versöhnen. Hierzu zählten André Astier, Joss Baselli, Joe Rossi und natürlich Marcel Azzola. Sie entwickelten den von Médard Ferrero, V. Marceau … eingeführten Musikgenre weiter, den man ohne böse Absicht als Musette de Salon (Salon-Musette) benennen kann wenn man sich auf die Salonmusik von Chopin und Fauré bezieht. Die Walzer und Mazurkas werden zu Musikstücken die man sich mit Freude im Sessel eines Konzertsaales anhört. Ihn ihrem Willen, das Akkordeon aus den volkstümlichen Lokalen (guinguettes) und den Ballsälen herauszunehmen, findet sich sicher der Ursprung der neuen Generation der Konzert-Akkordeonisten wieder.

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Aimable Marcel Azzola Yvette Horner Maurice Larcange

Die 60er Jahren, mit seinen Entwicklungen und Revolutionen, markierten einen Bruch. Die Jugend lehnten die "Welt des Vaters" und alles was sie damit verbanden. Die 'Musette', die nicht früh genug das Verlangen der Jugend zur Kenntnis nahmen, drehte sich von denen ab die Woodstock und die Beatles bevorzugten. Während 30 Jahren errang das Akkordeon ein immer mehr alterndes und vor allem altmodischeres "Image", welches von den Medien auch noch gefördert wurde, die Angeberei und Blendung gegenüber der musikalischen Qualität bevorzugten.

Man musste bis zu den 90ern warten, und besonders durch die massive Annahme des Akkordeons in Rock-Formationen, um dieses "Image" umzukehren. Parallel dazu kam eine neue Generation von Tanzball-Akkordeonisten auf, mit mehr technischen Können und oft mehr musikalisch : Eric Bouvelle, Domi(nique) Emorine und Julien Labro sind deren bekanntesten Stellvertreter.

Nun ist es an ihnen, nicht die gleichen Fehler die in der Vergangenheit begangen worden sind zu wiederholen, ihrem musikalischen Geschmack zu folgen, um somit das Wiederaufleben des Akkordeons zu begleiten.

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Eric Bouvelle Domi Emorine Peter Soave